Fast alles richtig gemacht und doch nicht genug?

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In den vergangenen Monaten hat sich in Deutschland einiges in der Antivirus-Politik geändert. Nicht zum Besseren. Was sind Ankündigungen noch wert? Sollte eine Impfpflicht kommen? Und könnte mein bereits feststehender Impftermin zur Drittimpfung zu spät sein? Worte zum Nachdenken.

Zum besseren Verständnis dieses Textes empfehle ich dringend, meine Gedanken aus dem August zu lesen. Kurz zusammengefasst: Ich nehme Viren im Allgemeinen sehr ernst und habe mich bereits sehr früh bei Kontakten zurückgehalten, als es trotz des aufkommenden Coronavirus´ noch normal war, sich mit Menschen zu treffen. Zudem störte mich auch, dass ein Schüler in Rheinland-Pfalz nicht von der Präsenzpflicht befreit wurde. Übrigens soll in Rheinland-Pfalz auch in diesem Monat die Präsenzpflicht in der Regel bestehen bleiben [Quelle 1]. Auf der anderen Seite habe ich Probleme mit den Folgen der Maskenpflicht und mit anderen Maßnahmen wie Ausgangssperren.

Die große Meldung an diesem Dienstag: Die Bundesnotbremse mit den Ausgangsbeschränkungen war verfassungsgemäß. Aber wie sinnvoll ist es, Menschen zu verbieten, nachts allein spazieren zu gehen? Angenommen das Argument sei stark, nach dem man mit einer nächtlichen Ausgangssperre leichter kontrollieren könne, wenn Menschen von Treffen im Innenraum auf dem Rückweg nach Hause seien. Müsste man nach dieser Logik nicht das Autofahren komplett verbieten? Es könnte ja sein, dass jemand auf dem Weg zu oder von einem gefährlichen illegalen Autorennen ist. So lässt sich das leichter kontrollieren. Man sieht: Indem man mit dem Verbot bereits bei einer Handlung ansetzt, die vor oder nach der eigentlich als problematisch angesehenen Handlung stattfindet, wird die Freiheit für viele, die sich rücksichtsvoll verhalten wollen, ebenfalls eingeschränkt – unnötigerweise. Wer nachts spazieren gehen möchte oder – wie einer der Kläger – nachts fotografieren möchte (siehe „ZDF heute“, 17-Uhr-Ausgabe vom 30.11.2021), macht dabei nicht mehr falsch als jene, die diese Tätigkeiten am Tage machen.

Ein ähnliches Problem sehe ich beim Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper. Zwar geht es hierbei eher nicht darum, Zusammenkünfte (im Freien!) zu verhindern, sondern Unfälle, die zu Krankenhausaufenthalten führen können, jedoch zeigt die Erfahrung vom letzten Jahreswechsel, dass dennoch viele Feuerwerkskörper bei den Menschen vorhanden waren oder Menschen fähig waren, sich solche zu beschaffen. So habe ich beim vergangenen Jahreswechsel – ohne genau sehen zu können, woher es kam – extrem laute und kurz aufeinanderfolgende Knallgeräusche gehört, die ich bisher von keinem Feuerwerk aus den Jahren zuvor kannte. Feuerwerke kann man gerne aus Umweltgründen abschaffen. Das müsste dann aber europaweit passieren.

Apropos unnötige Einschränkung: Im Prinzip ist auch die Maskenpflicht ein Kandidat dafür, wenn man die Masken als Fremdschutz betrachtet. Fremdschutz ist ja nur dann notwendig, wenn es etwas gibt, vor dem man andere schützen muss. Wenn man also kein Virus verbreiten kann, weil man keines in sich trägt, braucht man auch keine Maske als Fremdschutz. Nun kann man die Maskenpflicht damit rechtfertigen, dass man ja nicht jedem ansieht, ob er das Coronavirus in sich hat oder nicht. Aber welches Menschenbild vermittelt das, wenn so getan werden soll, als könne von jedem die Möglichkeit ausgehen, ein Virus zu verbreiten?

Zudem möchte ich auf einen Teil der Hinweise des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte aufmerksam machen, die für Masken gelten [2]: Man sollte die Maske beim Absetzen soweit möglich an den Bändern anfassen – machen das alle so? Nach dem Absetzen sollte man sich gründlich die Hände waschen – wie geht das im Restaurant am Tisch?

Und Ausnahmen von der Maskenpflicht sind aufgrund des Hausrechts auch nicht wirklich viel wert: Es gibt viele Medienberichte, laut denen Menschen ohne Maske nicht in ein Geschäft gelassen wurden – trotz eines Attestes, das sie von der Maskenpflicht befreit. Nachdenklich macht mich auch eine Erfahrung der Journalistin Nicole Diekmann, die sie auf Twitter geschildert hat. Diekmann, die sicher keine Maskengegnerin ist, schreibt dort, ihr sei angedroht worden, dass sie aus einem Zug geworfen würde, sollte sie dort wiederholt ohne aufgesetzte Maske zu sehen sein. Nachdem sie kurzzeitig die Maske absetzte, um etwas zu trinken. Sind öffentliche Verkehrsmittel noch öffentlich? Früher war ich ein großer Fan des Zugfahrens. Zu den meisten meiner Podcast-Interviews ich mit dem Zug angereist. Jedoch habe ich je nach meiner körperlichen Verfassung und der Temperatur Probleme mit Masken, die ich dadurch merke, dass ich nicht wie üblich atme. Stundenlange Zugreisen, wie sie viele wieder machen konnten, wären für mich mit dem Risiko verbunden, bei Atemproblemen und einem Absetzen der Maske aus dem Zug geworfen zu werden, irgendwo zwischen meinem Zuhause und dem Reiseziel. So verzichte ich also lieber auf Zugfahrten, während andere Menschen ohne diese Probleme den Spaß der Zugreise wieder ausüben können.

Genauso verzichte ich seit 20 Monaten auf Feiern mit vielen Menschen und auf Hotelaufenthalte. Und mein einziger Gastronomiebesuch, bei dem ich vor Ort etwas gegessen habe, war in einem Eiscafé an der frischen Luft. Also (fast) alles richtig gemacht? Ich habe seit Monaten zwei Impfungen gegen das Coronavirus und sogar einen Termin für die dritte Impfung, jedoch befürchte ich schon, dass dieser zu spät sein könnte.

Warum? Es gab bereits eine Überlegung, dass die Impfung nur noch sechs Monate lang gültig sein soll. Aus gesundheitlichen Gründen hatte ich bereits am 23. Juni die Chance auf eine zweite Impfung. Damit wäre diese zweite Impfung also bis zum 23. Dezember „gültig“. Mein Termin für eine dritte Impfung ist jedoch erst Mitte Januar. Noch als ich mich vor einigen Wochen beim Hausarzt beim Grippeimpftermin nach der Drittimpfung gegen das Coronavirus erkundigte, gab es noch keine Empfehlung der „STIKO“ für mich. Nun plötzlich kann es aber sein, dass ich für drei Wochen keinen offiziell gültigen Impfschutz haben werde. Obwohl der Termin Mitte Januar der frühestmögliche war! Zumindest einmal bräuchte ich bei einer „2G-Plus“-Regel einen negativen Test, den ich laut einer ganz neuen Regel in Rheinland-Pfalz mit einer Auffrischungsimpfung ab diesem Samstag oft nicht bräuchte [3]. Da haben wir also schon einen Unterschied zwischen „vollständig“ Geimpften und „geboostert“ Geimpften.

Aktuell wird über eine Impfpflicht diskutiert. Unabhängig davon, ob zwei oder drei Impfungen verpflichtend sein sollen würde mich interessieren: Wer übernimmt eigentlich – wenn eine Impfpflicht kommen sollte – die strafrechtliche Verantwortung, wenn bei Menschen aufgrund der Impfung schwere Nebenwirkungen auftreten sollten? Wir haben in Deutschland sehr viele Strafgesetze. Sogar eine fahrlässige(!) falsche Versicherung an Eides Statt kann mit Gefängnis bestraft werden. Zudem sind in der Zeit der vergangenen beiden großen Koalitionen viele neue Strafgesetze hinzugekommen. Müsste es nicht auch bei einem verpflichtenden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit Menschen geben, die Verantwortung dafür übernehmen?

Und wer erinnert sich nicht daran, dass es bis vor einiger Zeit noch von vielen hieß, dass es keine Impfpflicht geben werde? Oder dass es in Rheinland-Pfalz Anfang November noch hieß, dass Weihnachtsmärkte im Freien ohne Maske stattfinden könnten [4]? Oder dass „2G Plus“ in Rheinland-Pfalz mal etwas anderes, weniger einschränkendes als jetzt [5]? Oder dass der Gesundheitsminister von Rheinland-Pfalz im Sommer noch mit einem Pandemieende im Herbst rechnete [6]? Oder als es am 14. März 2020 noch „Fake-News“ war, dass die Bundesregierung „bald“ weitere Einschränkungen ankündigen würde [7]? An welche Ankündigung kann man sich noch verlassen? Vielleicht auf das, was der Bundespräsident für das kommende Weihnachtsfest ankündigte [8]?

Was bringt die Zukunft? Welchen Ankündigungen aus der Politik können wir noch vertrauen? Unabhängig davon, wie sinnvoll eine Impfpflicht ist: Wie sinnvoll ist es gewesen, eine Impfpflicht klar auszuschließen und sie nun doch zu befürworten, wie es einige tun? Und selbst wenn eine Impfpflicht käme: Würden dann alle Corona-Maßnahmen abgeschafft? Auch die Maskenpflicht im Zug? Selbst wenn ich auf diese Fragen Antworten von SPD-Politikern aus der Landes- oder Bundesregierung bekäme: Ich würde keine Möglichkeit sehen, den Antworten Vertrauen zu schenken, obwohl ich seit über acht Jahren Mitglied der SPD bin. Für mich ist klar: Wer sich nicht deutlich von der Politik der Regierung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer distanziert, kann keine politische Unterstützung mehr von mir bekommen. Ab dem kommenden Monat spare ich mir den SPD-Mitgliedsbeitrag lieber und kaufe mir von dem Geld einen Döner. Zumindest in den guten Geschmack eines Döners kann ich noch vertrauen. Immerhin etwas in dieser Zeit.

Quellen:

[1] https://www.rheinpfalz.de/politik/rheinland-pfalz_artikel,-keine-l%C3%A4ngeren-weihnachtsferien-in-rheinland-pfalz-_arid,5286344.html

[2] https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/schutzmasken.html

[3] https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/keine-testpflicht-bei-geboosterten-100.html

[4] https://corona.rlp.de/de/aktuelles/detail/news/News/detail/ministerpraesidentin-malu-dreyergesundheitsminister-clemens-hoch-mehr-schutz-fuer-alten-und-pfleghe/

[5] https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/vereine-unsicher-karneval-session-2022-100.html

[6] https://www.rheinpfalz.de/lokal/pfalz-ticker_artikel,-gesundheitsminister-hoch-ende-der-corona-pandemie-im-herbst-_arid,5212367.html

[7] https://www.zdf.de/nachrichten/heute/corona-fake-news-100.html

[8] https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2020/12/201225-Weihnachtsansprache.html

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