Oft passiert es nicht, aber heute muss ich Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD aktuell, fast komplett zustimmen. Die Tagesschau berichtete in ihrer Hauptausgabe am vergangenen Samstag nicht über eine Festnahme infolge eines Mordes im südbadischen Freiburg. Für einige Grund zur Kritik. Warum? Der Pressesprecher des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Hendrik Zörner, kommentiert beispielsweise im DJV-Blog, dass die Redaktion der Tagesschau die Bedeutung des Mordes hätte daran erkennen können, dass es in den Agenturen Eilmeldungen und Berichterstattung in anderen überregionalen Medien gegeben habe. Zurückhaltung sei hier falsch gewesen. Nein, war sie nicht und ist sie nicht. Gerade in diesem Fall ist Zurückhaltung geboten.
Wenn man, wie die Tagesschau, nicht über jeden einzelnen Mord berichtet, warum dann gerade in diesem Fall? Weil der festgenommene Tatverdächtige ein Flüchtling ist? Wir erinnern uns an den Anfang des Jahres: Im Frühjahr schaffte es ein – viel harmloseres – Ereignis in einem Kieler Einkaufszentrum in die Hauptausgabe um 20 Uhr und in viele andere Medien. Angeblich seien junge Frauen von jungen Männern belästigt worden. Ein Geschehen, das man meist nur in der Lokalpresse findet. Warum diesmal in überregionalen Medien? Weil die Verdächtigten Afghanen sind? In diesem Fall: Die zu Unrecht Verdächtigten. Angeklagt wurden sie aufgrund einer angeblichen Belästigung nämlich nicht. Ich finde, die Meldung in der Tagesschau am 26. Februar war ein Fehler. Ich finde: Die Herkunft von Menschen sollte nicht entscheidend sein, ob man über ein Ereignis berichtet oder nicht.
Zurück zum Mordfall in Freiburg. Laut Pressekodex 12.1 soll eine Zugehörigkeit eines Verdächtigen zu einer Minderheit nur dann berichtet werden, diese Zugehörigkeit wichtig ist um einen Vorgang zu verstehen. Diesen Zusammenhang zwischen Herkunft des Verdächtigen und Tat sehe ich hier nicht. Und ganz wichtig, Ziffer 13 des Pressekodex! Unschuldsvermutung! Wir haben weder ein Geständnis, noch eine rechtskräftige Verurteilung! Zudem ist der Verdächtige minderjährig! Da schreibt der Pressekodex Zurückhaltung vor!
Ach ja: Der vorletzte Satz im Kommentar von Hendrik Zörner müsste daher auch anders lauten, also eher „[…] ein Verbrechen mit einem Flüchtling als Tatverdächtigen […]“. Und: Egal wie man darüber berichtet (wenn man es macht): fremdenfeindliche Menschen kennen solche Fälle auch ohne die Tagesschau. Und: Wenn Ereignisse nicht häufiger passieren als früher, warum dann häufiger darüber berichten?