Der Dezember ist Zeit der Jahrresrückblicke. Bereits am Sonntag sendete der Rückblick von RTL. Heute Abend sendet das Medienmagazin „ZAPP“ im NDR seine Jahresrückschau, so kündigte es Moderatorin Inka Schneider an. Manche Rückblicke haben aber die Chance, bereits jetzt fast vollständig zu sein. Warum das?
Einer der frühesten Jahresrückblicke ist der gedruckte der „Süddeutschen“. Im Heft zu 2015 steht im hinteren Teil eine Chronologie. Und eine Anmerkung zum Redaktionsschluss auf Seite 183. Ich musste staunen: 19. November. Erscheinungsdatum neun Tage später. Ich kann ja nachvollziehen, dass es Menschen gibt die sowas im Weihnachtsurlaub lesen wollen. Aber dann ist doch auch ein späterer Redaktionsschluss möglich. Wäre mir auch mehr wert gewesen als 6,90 Euro. Immerhin kann man auf den Seiten 4 und 183 lesen: Zum Jahresende gibt´s eine Aktualisierung in der digitalen Zeitung. Auch das Heft zu 2016 ist schon erschienen.
Wie kann man eigentlich auf etwas zurückschauen, was noch nicht vorbei ist? Klar, wie in tagesaktueller Berichterstattung kann man nicht über alles berichten, Relevanz entscheidet über Berichterstattung oder nicht. Ereignisse nach Redaktionsschluss beispielsweise eines gedruckten Heftes genießen diese Relevanzprüfung jedoch nicht. Das Heft ist gedruckt, und zumindest für eine Erstauflage des gedruckten Hefts fällt der Rest unter den Tisch. Aber thematische Rückblicke können auch jetzt schon vollständiger sein als allgemeine. Zwar liegen noch fast sieben Prozent des Jahres vor uns, in der Sportsaison ist das meiste hingegen vorbei, die in Deutschland relevanten, sportlichen Entscheidungen sind alle gefallen: Fußballmeister, Fußballeuropameister, Olympiasieger, Formel-1-Weltmeister – alles schon entschieden. Für allgemeine Rückblicke besteht aber bis zum Abend des 31. Dezember die Gefahr, wichtige Ereignisse nicht zu berichten. Im Jahr 2004 ereignete sich im indischen Ozean ein Tsunami mit vielen Toten. Das relevanteste Ereignis 2004 – in vielen Jahresrückblicken unberücksichtigt.
Was spricht eigentlich gegen Rückblicke Anfang Januar? Ist Ihnen vielleicht auch schonmal aufgefallen: Während die Arbeitslosenzahlen meist am Monatsende bekannt gegeben werden, erfahren wir die neuen Zahlen des Dezembers meist erst im Januar. Bei Jahresrückblicken gilt also wie so oft im Journalismus: Umso später, umso gründlicher und vollständiger.